Interview mit Amtsleiter Thomas Schwarz: "Ergebnisse helfen, zielgerichtet zu planen"
Die Stadt Stuttgart führt dieses Jahr zum elften Mal eine Bürgerumfrage durch. Das Statistische Amt sendet 9.000 ausgewählten Personen einen Fragebogen zum Thema "Leben in Stuttgart" zu. Die Fragen drehen sich unter anderem um das Leben in Stuttgart allgemein und um die Themen Verkehr, Energie und Kultur. Im Interview spricht der Amtsleiter des Statistischen Amts, Thomas Schwarz, darüber, wie sich die Bürgerumfrage von anderen Instrumenten der Bürgerbeteiligung unterscheidet, wie das Verfahren abläuft und welche Bedeutung die Ergebnisse für Gemeinderat und Verwaltung haben.Thomas Schwarz ist Leiter des Statistischen Amts der Stadt Stuttgart. Foto: Stadt Stuttgart
Der Stuttgarter Gemeinderat hat Mitte der 1990er-Jahre beschlossen, dass die Stuttgarter Bevölkerung zum Leben in Stuttgart regelmäßig befragt werden soll. Ein Zwei-Jahres-Abstand hat sich bewährt; der Abstand zwischen den Befragungen ist nicht zu lange, so dass man in der Regel frühzeitig neue Entwicklungen erkennen kann. Gleichzeitig halten sich der Aufwand und die Inanspruchnahme der Bevölkerung in Grenzen.
Bürgerumfragen sind ein Instrument der Bürgerbeteiligung. Wie unterscheidet sich das Verfahren der Bürgerumfrage von beispielsweise denen des Bürgerhaushalts oder der Bürgerversammlungen?
Ich sehe im Wesentlichen zwei Unterschiede: Zum einen werden bei Bürgerumfragen die Teilnehmer nach repräsentativen Gesichtspunkten ausgewählt. Nur dieses Verfahren erlaubt Rückschlüsse für die Gesamtbevölkerung zu ziehen. Zum anderen bekommen die Befragten bei einer Bürgerumfrage stets die gleichen Fragen gestellt; nur in offenen Fragen besteht die Möglichkeit, eigene Ideen, Gedanken und Meinungen beizusteuern. Bei anderen Verfahren der Bürgerbeteiligung, wie zum Beispiel dem Bürgerhaushalt oder den Bürgerversammlungen, entscheiden die Stuttgarterinnen und Stuttgarter selbst, ob und mit welchen Fragen oder Ideen sie sich beteiligen möchten.
Wie wählen Sie die Menschen aus, die bei einer Bürgerumfrage mitmachen können?
Die Stuttgarterinnen und Stuttgarter werden nach dem Zufallsprinzip aus dem Einwohnermelderegister ausgewählt. Befragt werden nur Personen ab 15 Jahren mit Hauptwohnsitz in Stuttgart. Die Anzahl der ausgewählten Personen, rund 9000 Menschen, ergibt sich aus der zu erwarteten Beteiligungsquote von rund 45 Prozent und dem Ziel, mindestens 4000 verwertbare Interviews zu bekommen. Diese hohe Zahl ist notwendig, um nicht nur für Stuttgart insgesamt, sondern auch für die einzelnen Stadtbezirke oder für einzelne Bevölkerungsgruppen belastbare Ergebnisse zu erhalten.
Was waren die wichtigsten Erkenntnisse der vergangenen Bürgerumfragen?
Mit den Bürgerumfragen wird zunächst einmal erkundet, ob die Menschen gerne in der Landeshauptstadt leben und wie sie die Lebensqualität einschätzen. Hier können nur sehr erfreuliche und konstant hohe Zustimmungswerte festgestellt werden. Auf der anderen Seite zeigen die Bürgerumfragen auch, „wo der Schuh drückt" und welche Probleme die Menschen hier haben. Während sich zum Beispiel im Verlauf der letzten zehn Jahre das öffentliche Sicherheitsempfinden enorm verbessert hat, werden der Wohnungsmarkt und das Mietpreisniveau oder auch Verkehrsprobleme oder Infrastrukturdefizite in einzelnen Stadtbezirken thematisiert. Sehr interessant zu beobachten sind auch die Einstellungen zu Vorhaben und großen Projekten der Stadt und wie sich diese im Laufe der Zeit wandeln können.
Wie gehen der Gemeinderat und die Verwaltung mit den Ergebnissen um?
Für den Gemeinderat und die Verwaltung sind die Ergebnisse von einem nicht zu unterschätzenden Wert, spiegeln die Erkenntnisse aus den Bürgerumfragen doch die für die Bevölkerung relevanten Handlungsfelder, Themen und Meinungen wider. Nur wenn sie diese kennen, können Politik und Verwaltung zielgerichtet und bedarfsorientiert planen und handeln. Aber auch die Rückkoppelung der Bürgerschaft, wie die politische Arbeit und die der Verwaltung angekommen ist und gewirkt hat, über eine repräsentative Meinungsumfrage, ist für den Gemeinderat und die Verwaltung sehr hilfreich.
Wird die Bürgerumfrage auch hier auf dem Portal "Stuttgart - meine Stadt" zu finden sein?
Es ist geplant, sowohl die aktuellen Ergebnisse der Bürgerumfragen als auch die längerfristigen Entwicklungen im Beteiligungsportal der Stadt einzubinden. Ich halte das für sehr wichtig, da die Stuttgarter Bürgerumfrage mit ihrem Anspruch, das Meinungsbild der Bevölkerung repräsentativ abzubilden, ein hervorragendes Bürgerbeteiligungsinstrument ist.