Städtebau mit Zukunft
Arbeitsgemeinschaft asp/Koeber schafft Basis für weitere Planung des Rosenstein-Quartiers
Der überarbeitete Entwurf von asp Architekten und Koeber Landschaftsarchitektur bleibt maßgebend für die Entwicklung des Rosenstein-Quartiers. "Das Ergebnis ist nachhaltig und zukunftsorientiert, das macht es zu einem wichtigen Meilenstein", sagte Oberbürgermeister Fritz Kuhn nach der Entscheidung des Preisgerichts am 22. Juli 2019.
Der internationale offene städtebauliche Wettbewerb Rosenstein war am 8. April 2019 offiziell mit dem Ergebnis beendet worden, die erst- und zweitplatzierten Planungsbüros mit der Überarbeitung ihrer Entwürfe zu beauftragen.
In der Jurysitzung am Montag wurde abschließend der überarbeitete Entwurf der Büros asp/Koeber ausgewählt. Zur Entscheidung des Preisgerichts sagte OB Kuhn: "Dies ist ein wichtiger Tag für den Städtebau in Stuttgart. Der Siegerentwurf passt sich in die Umgebung ein, schafft kulturelle Infrastruktur und überzeugt mit seinen klimatischen und energetischen Ideen. Mit dieser Entscheidung haben wir eine Basis geschaffen, auf der wir voranschreiten können."
Gemeinderat entscheidet
Peter Pätzold, Bürgermeister für Städtebau, Wohnen und Umwelt, sagte: "Wir haben jetzt eine sehr gute Grundlage für die Aufstellung eines Master- und Rahmenplans." Nach den Sommerferien werde der Entwurf in den betroffenen Bezirksbeiräten und im Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik vorgestellt. "Außerdem werden wir das Ergebnis für die Öffentlichkeit aufbereiten, damit sie sich auch ein Bild davon machen kann. Ziel ist es, noch in diesem Jahr den Entwurf im Gemeinderat zu beschließen."
Grün, gut vernetzt und attraktiv
Im Anschluss an die Sitzung des Preisgerichts am 22. Juli 2019 wurde die Entscheidung bekanntgegeben und der überarbeitete Entwurf der Büros asp/Koeber vorgestellt.
Der Vorsitzende der Jury, Professor Franz Pesch, sagte: "Das Ergebnis ist deutlich, zeigt aber auch, dass wir intensiv diskutiert und gerungen haben. Mein Glückwunsch gebührt beiden Teilnehmerteams. Uns hat vor allem das Thema Zukunft bewegt. Der Siegerentwurf zeigt ein transparentes Quartier, das sich zum Park hin öffnet. Im Kern ging es um Gedanken zur Einbindung des Quartiers in die Stadt, Fragen zur Wohnqualität, Nachhaltigkeit und Atmosphäre in den Stadtteilen."
In ihrer Sitzung vom 8. April 2019 hatte die Jury Kriterien für die Überarbeitungsphase festgelegt. Insgesamt sollten Aspekte wie die Modellhaftigkeit der Quartiere, eine kleinräumige Nutzungsverteilung und der identitätsstiftende Charakter des neuen Stadtteils – beispielsweise durch vorhandene Bauwerke oder herausragende Neubauten – weiter detailliert werden. Eine zeitliche Abfolge für die einzelnen Bauabschnitte wurde ebenfalls angefragt.
Darüber hinaus gab es spezifische Kriterien, die beide Entwürfe individuell nachbessern sollten, darunter die Behandlung der Parkkante, die Erweiterung des Parks einschließlich Barrierefreiheit, die Höhenentwicklung von Gebäuden und vom Gelände oder der Nachweis zur Wohnqualität.
Spannende Dramaturgie entlang der Parkkante
Nach Meinung des Preisgerichts hat die Arbeitsgemeinschaft asp/Koeber diese Aufgabe überzeugend erfüllt. Der Entwurf spiegelt den klassischen Städtebau einer dichten europäischen Stadt wider mit einer spannenden Dramaturgie entlang der Parkkante. Die vernetzte Stadt bildet den Fokus der Planungsbüros. Entlang der historischen Achse, die sich von Schloss zu Schloss zieht, wird ein gelungener Dreiklang zwischen Hauptbahnhof, neuem Konzerthaus und Schloss Rosenstein geschaffen.
Dichte und radikal durchgrünte Nachbarschaften bilden das Leitbild von asp/Koeber. Sie entwerfen den neuen Stadtteil unter den Gesichtspunkten "urban", "resilient" und "grün" und teilen ihn in insgesamt vier Abschnitte auf: Direkt hinter dem Hauptbahnhof befindet sich das Europaquartier – ein urbanes Quartier mit lebendiger Nutzungsmischung. Wohnen und Arbeiten, kulturelle und soziale Einrichtungen bilden den Kern. Ein Boulevard verknüpft das Quartier mit dem bestehenden Europaviertel und lädt zum Flanieren ein. Über großzügige Terrassen wird eine Verbindung zum erweiterten Schlossgarten geschaffen.
Hohe Aufenthaltsqualität mit Magnetwirkung
Hinter dem Europaquartier folgt der Übergang zum Gleisbogenpark. Er ist das zentrale Rückgrat zwischen neuem Stadtviertel und Nordbahnhofviertel und zieht sich als grünes Band bogenförmig durch das gesamte Quartier. Dank seiner hohen Aufenthaltsqualität wird er eine regelrechte Magnetwirkung auf die künftigen Bewohner und Besucher ausüben. Das südliche Überwerfungsbauwerk bildet darüber hinaus ein Scharnier zwischen Gleisbogenpark und bestehenden Parkanlagen. Es wird unter anderem mit kulturellen und gewerblichen Nutzungen belebt.
Mit insgesamt mehr als 27 Hektar besteht das Rosenstein-Quartier nach dem Entwurf von asp/Koeber zu rund einem Drittel aus Grün- und Freiflächen. Neben der Sicherung von Erholungs- und Aufenthaltsflächen fördert dies zudem die Klimaanpassung und Artenvielfalt.
An den Gleisbogenpark grenzt das Rosensteinviertel samt Rosensteincampus. Es verbindet städtische Lebensqualität mit Wohnen im Grünen. Angedacht sind intensiv begrünte Dächer mit einem hohen Anteil an Photovoltaik-Anlagen. Sie generieren und speichern Energie im Quartier. Zudem sollen Höfe und Quartiersplätze nicht unterbaut werden. Die Idee ist, das Quartier nahezu autofrei zu halten. Im Norden und Süden des Rosensteinviertels können die beiden Campusstandorte entstehen – als Orte des Lernens, der Bildung und Forschung für alle Generationen.
Ausschlaggebend für die Quartiersentwicklung ist der Ansatz, dichte und überschaubare Nachbarschaften mit jeweils einem Quartiersplatz zu entwickeln. Dies stärkt sowohl die räumlichen Beziehungen als auch die soziale Durchlässigkeit. Den Quartiersplätzen werden „Hubs” zugeordnet, die Nahversorgung, soziale Infrastruktur, Mobilität und Energieströme bündeln.
Die vorgeschlagene Nutzungsmischung ermöglicht eine Stadt der kurzen Wege. Das Energiekonzept hat das Preisgericht durch seine nachhaltige Ausrichtung überzeugt. Zudem ist im Entwurf angedacht, intermodale Mobilitätsformen durchzusetzen. Die Fortbewegung soll sich vorwiegend auf Rad- und Fußwege beziehen.
Experimentierfeld fürs Bauen
Auf dem Gebiet neben den Wagenhallen, der C1-Fläche, sehen asp/Koeber die sogenannte Maker City vor – das neue Kreativquartier. Es dient als Experimentierfeld für weiteres Bauen im Rosenstein-Quartier. Insbesondere soll hier die Holzbauweise für Stuttgart erprobt werden.
Stadtlabor zum Gestalten und Weiterentwickeln
Die Maker City wird als Stadtlabor beschrieben und soll von den Bewohnern nach und nach gestaltet und weiterentwickelt werden. Der sanfte Übergang zum Nordbahnhofviertel macht das neue Rosensteinviertel bis hin zum Schlossgarten auch von hier aus gut zugänglich.
Im Osten bildet der Entwurf ein leicht terrassiertes Gefälle an der Parkkante des Schlossgartens aus. So wird die stärkere Verknüpfung der Stadtbezirke Stuttgart Ost und Nord gewährleistet. Daraus resultiert ein insgesamt durchlässiges Stadtquartier, das leichte Übergänge zwischen dem neuen Stadtteil und den umliegenden Stadtbezirken schafft.
Die Entwicklung des Rosenstein-Quartiers ist das größte Bauprojekt, das in naher Zukunft in Stuttgart realisiert werden soll. Die Flächen befinden sich seit Dezember 2001 im Besitz der Stadt. Dies schafft günstige Voraussetzungen für die Stadt, bezahlbaren und qualitativ hochwertigen Wohnraum zu schaffen. Vorgesehen sind mehr als 5000 Wohneinheiten auf dem Areal. Zusammen mit den umliegenden Entwicklungsflächen liegt die mögliche Anzahl bei etwa 7500 Einheiten.
Die von asp/Koeber vorgesehene Grundstruktur der Blockbebauung ermöglicht vielfältige Formen der Parzellierung, Höhenentwicklung, Offenheit und Freiraumgestaltung. Dadurch kann die Bebauung in den nachfolgenden Planungsschritten passgenau erfolgen.
Die nächsten Schritte:
- Die überarbeiteten Modelle von asp/Koeber und vom zweitplatzieren Büro Laux Architekten sind bis Mitte August 2019 im Amt für Stadtplanung und Wohnen, Eberhardstraße 10, montags bis freitags von 8.30 bis 18 Uhr zu sehen.
- Die Entscheidung des Preisgerichts für asp/Koeber wird dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorgelegt.
- Auf dieser Grundlage wird ein Rahmenplan aufgestellt. Mit den darin formulierten städtebaulichen Vorgaben bildet er als Grundsatzbeschluss des Gemeinderats die Basis für den langfristig angelegten Planungsprozess des Rosenstein-Quartiers.
- Daraus werden Wettbewerbe und Bebauungspläne für Teilgebiete entwickelt, die eine schrittweise Bebauung der ehemaligen Gleisflächen ermöglichen.
- Das bereits freigeräumte Teilgebiet C1 neben den Wagenhallen könnte als erstes bebaut werden.