Antwort von OB Fritz Kuhn zum Thema "Stuttgart 21"

Frage #11, eingereicht von Nutzer "Mitdenker"

Sehr geehrter Herr Kuhn, Stuttgart erstickt bereits heute im Verkehr. Die einzige Lösung ist der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs auf der Schiene (SPNV). Die Fachleute sind sich einig, dass dies mit dem zukünftigen Tiefbahnhof bestenfalls noch in geringem Umfang möglich sein wird. Die letzte Chance dazu ist der Vorhalt von Flächen für einen Nahverkehrsbahnhof und für (gedeckelte) Zuleitungsgleise von Bad Cannstatt und Pragtunnel durch das neu entstehende Rosensteinviertel. Welche planungsrechtlichen Möglichkeiten hat die Landeshauptstadt, um diese Chance nicht zulasten späterer Generationen für alle Zeiten durch ungünstige Bebauung zu verspielen?

Kommentar, abgegeben von "Quarzz"  
    
Auch wenn ich die Leistungsfähigkeit des neuen Tiefbahnhofes nicht beurteilen will und mich hier nur auf die gemachten Simulationen berufen kann, so bin ich der Meinung, dass Stuttgart an einem Scheideweg stehen wird:
Entweder es wird in Absehbarer Zeit auch Personenverkehr an Stuttgart vorbei geleitet (Schusterbahn) wie z.B. mit dem Frankfurter Flughafen oder in Kassel(-Wilhelmshöhe) oder aber man schafft sich in Stuttgart perspektiven.
Ich würde die Frage daher offener Formulieren: (Falls die Frage gewählt wird, so hoffe ich, dass auch dieser Kommentar berücksichtigt wird):
Wie stellt sich die Stadt die Anbindung Stuttgarts an das Bahnnetz in Zukunft vor? Werden Flächen für einen Sackbahnhof mit Anbindung an Cannstatt und Feuerbach in der heutigen Lage freigehalten (ggf. sogar Bauvorleistungen erbracht?) Oder wird am "Stuttgarter-Ende" des Bahnhof Bad Cannstatt und Feuerbach nach S21 eine kleine Abstellanlage entstehen um Bad Cannstatt und Feuerbach als Bahnhof mit Umsteigrelationen auszubauen? Und wie kann die Gäubahn in das ein oder andere Konzept integriert werden?
Ist die Stadt bereit hier auf ein Stück Städtebau und Gewinn zu verzichten um künftig Optionen zu haben?

Antwort von OB Fritz Kuhn

Sehr geehrter "Mitdenker" und "Quarzz",

der öffentliche Personennahverkehr in Stuttgart ist sicherlich einer der wichtigsten Bausteine, um die verkehrliche Situation insgesamt zu verbessern. Doch darüber hinaus gibt es  noch weitere Maßnahmen, die helfen können und bedeutende Faktoren nachhaltiger Mobilität sind. Dazu gehören beispielsweise Angebote wie "Carsharing" und "Call a Bike". Darüber hinaus wird in die Optimierung der Fußgängerwege investiert: Am Charlottenplatz etwa entstand ein zusätzlicher Überweg für Fußgänger- und Radfahrer, und auch über die Schillerstraße in der Verlängerung der Königstraße führt nun ein neuer Fußgängerüberweg. Von großer Bedeutung ist außerdem der Ausbau der Fahrradwege. Die Hauptradroute 1 von Bad Cannstatt nach Vaihingen wurde fertig gestellt und weitere Hauptradrouten sollen in den nächsten Jahren folgen.

Eine Art vorgelagerter Cannstatter Bahnhof war tatsächlich einige Zeit in der Diskussion. Jedoch hat man sich für den Bau von S21 und damit auch für die Umsetzung dieses Verkehrssystems entschieden. Zusätzliche oberirdische Zuleitungsgleise am künftigen Hauptbahnhof sind nicht Bestandteil von S21. Die bisherigen stadtplanerischen Überlegungen sehen nicht vor, Gleisflächen im heutigen Gleisvorfeld für einen Nahverkehrsbahnhof zu erhalten. In Sachen Leistungsfähigkeit und S-Bahn-Entwicklung konnte ich mit Minister Hermann verkehrliche Verbesserungen erreichen: Die Neuplanung am Flughafen mit dem sog. 3. Gleis sowie der Regionalhalt in Vaihingen eröffnen neue Möglichkeiten und Perspektiven für den S-Bahn- und Regionalverkehr.

"Quarzz", Sie sprechen in Ihrem Kommentar die Schusterbahn an. Sie soll auch künftig für Güter- und Nahverkehr genutzt werden, ist aber nicht Teil des Fernverkehrskonzepts. Dieses sieht dagegen den Halt im Hauptbahnhof mit der schnellen Verbindung Richtung Wendlingen über die Neubaustrecke vor, die nur über den Hauptbahnhof möglich ist. Im Bereich von Feuerbach oder Bad Cannstatt eine Abstellanlage zu bauen, ist nicht vorgesehen.

Dagegen ist vorgesehen, die Gäubahn zu erhalten. Sie ist im Regionalplan als Trasse für Schienenverkehr gesichert. Für eine weitere Nutzung der Gäubahn liegen derzeit noch keine Konzepte vor, das Thema wird aber sicher Bestandteil weiterer Diskussionen mit der Bürgerschaft sein. Gemeinsam mit dem Regionalhalt Vaihingen besteht da erhebliches Entwicklungspotential.

Nur wenn die Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Personennahverkehrs in Stuttgart und der Region gelingt, werden die Menschen mittelfristig zunehmend öffentlich in das Stuttgarter Tal einfahren.

Mit freundlichen Grüßen

Oberbürgermeister Fritz Kuhn